1763 war Baubeginn für das Neue Palais in Potsdam. Der Siebenjährige Krieg ist gerade vorbei. Vieles hat sich im politischen Europa geändert, seit Friedrich der II. den Thron bestiegen und „den Hut in den Ring geworfen“ hat. Nun aber, nachdem Preußen-Brandenburg in den illustren Kreis der Großmächte aufgestiegen ist, beschließt der König, sich selbst ein Denkmal zu setzen – mit einem gewaltigen Barockschloss. Der Bauplatz liegt nur einige wenige Meter von seinem „Sanssouci“ entfernt. Doch während Friedrich nach Schloss Sanssouci nur enge Freunde und ausgewählte Verwandte einlädt, soll das Neue Palais den Mächtigen dieser Welt zeigen: Ohne Preußen läuft mittlerweile zwischen Atlantik und Ural nichts mehr. Und ohne sein persönliches ja und Nein schon gar nicht.
Sechs Jahre Bauzeit sind Anno Dazumal so etwas wie Rekord. Doch über Jahrzehnte hinweg müssen die Pläne in Friedrichs Hinterkopf herangereift sein. In das noch so kleinste Detail schaltet er sich ein, nichts überlässt er dem Selbstlauf.
Ebenfalls nach Friedrichs Ideen entstanden natürlich auch die Parkanlagen, das Teehaus und die Neuen Kammern.
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Friedrich.
Feldherr und Schöngeist.
Erster Diener seines Landes und hartherziger Despot.
Einer, der die französische und englische Kunst verehrt, aber beiden Nationen nichts schenkt – nichts politisch und nichts
militärisch.
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Nun hat schon ein Zeitgenosse des Großen Königs erkannt: „… ganz Europa nannte ihn einen Helden; aber über seinen Charakter, seine Politik, seine Moral und sein Benehmen als Mensch hört man die allerverschiedensten Urteile …!“ Tatsächlich hat Deutschland kaum eine Persönlichkeit mit mehr Widersprüchen hervorgebracht als den Alten Fritz. Wie der Militärstratege und Schlachten-Lenker voll auf Risiko setzt, in diesem oder jenem Gefecht vernichtende Niederlagen hinnehmen muss, um am Ende der Schlesischen Kriege und des Siebenjährigen Krieges doch als Sieger hervorzugehen.
Schon zu Friedrichs Lebzeiten wurde über dessen offensichtliche Abneigung gegenüber dem schönen Geschlecht gerätselt. Kaiserin Maria Theresia, Zarin Katharina und Madame Pompadour galten als Leib- und Magen-Feindinnen. Seine Ehefrau Elisabeth Christine hatte in Sanssouci sogar Hausverbot. Aber wie passen dazu seine Jugendlieben zur Baronin von Wreech und der schönen Försterstochter Sabine aus Binenwalde? Oder sein Verhältnis zur italienischen Tänzerin Barbara Campanini, genannt Barbarina? Allgemein bekannt ist, dass Friedrich Freundschaften mit geistreichen Männern mehr bedeuteten als exotische Verhältnisse mit attraktiven Frauen. Doch keine dieser Männerfreundschaften hielt bis zum Tod des Königs.
Das hat nicht nur mit dem frühen Ableben der „Kameraden“ zu tun, sondern auch in dieser Beziehung war Friedrich unberechenbar. Sichtbar
im Zusammenhang mit Voltaire, mit dem Friedrich eine gewisse Geistes- und Seelenverwandtschaft bestätigt wird. Das Verhältnis zwischen den beiden
kühlte sich so sehr ab, dass am Ende der französische Philosoph aus Potsdam regelrecht geflohen ist. Friedrich hat sich niemals direkt für seine Anschuldigungen und Vorwürfe entschuldigt. Wohl
aber spendete er für eine Voltaire-Plastik einen ansehnlichen Betrag. Die Figur war zur „Friederisiko“-Ausstellung 2012 zum ersten Mal in Deutschland zu sehen, hat dazu überhaupt erst zum zweiten
Mal den Louvre verlassen. Sie zeigt den völlig nackten Philosophen im fortgeschrittenen Alter und bedeutete in der Kunst des 18. Jahrhunderts einen handfesten Skandal.
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Friedrich als Wirtschaftsförderer, der Sümpfe trockenlegen lässt und so neue Landwirtschaftsflächen gewinnt. Der mit Erfolg Siedler ins Land lockt. Ein Fürst, der mit Druck, aber auch mit List die Kartoffel als Nahrungsmittel einführt und so seine Untertanen vor Hungerkatstrophen bewahrt.
Es sind oft die eher kleinen Dinge aus dem Leben des großen Monarchen, die nachdenklich machen. Ja, möglicherweise zum Nachmachen
anregen. Sprich zum Nachkochen. Auch bei seinen Gaumenfreuden lässt sich der König in kein Schubfach einordnen. Ein „Vielfraß“ ist er und ein Feinschmecker zugleich. Einer, der die Ausgaben
seiner Köche kontrolliert, zugleich aber für sein Lieblingsobst, für Kirschen, nicht weniger als 400 Taler lockermacht – zu einer Zeit, als ein Handwerker kaum mehr als 25 Taler im Jahr
verdiente. Recht eigen war Friedrich, was den Kaffee betraf. Den würzte er mit Senfpulver und Pfeffer. Und an Festtagen wurde der „Türkentrank“ mit Champagner statt mit Wasser zubereitet. Seine
Lieblingsbeilage war Polenta (meist aus Maisgrieß hergestellter fester Brei) mit viel Knoblauch. Wenn auf einem Teller nicht wenigstens zwei Kilo Rinderbrust kredenzt worden, lehnte er die
Portion von vornherein ab. Zur besseren Verdauung spielte Friedrich übrigens Flöte!
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Als am 17. August 1786 der Tod den greisen König ereilt, ist Friedrich allein. Nicht einmal einen Geistlichen will er in den Stunden bei sich haben. Sein letzter Wille bleibt indes unbeachtet. Nicht neben Schloss Sanssouci wird der Tote bestattet, wie er es angeordnet hatte, dort, wo seine Hunde begraben liegen, die in den letzten Jahren immer mehr zu den einzigen „Vertrauten“ des Alten Fritz geworden sind. Stattdessen bekommt der Sarg in der Garnisionskirche zu Potsdam einen Platz neben dem des ungeliebten Vaters. Erst 1991 finden die sterblichen Reste des großen Friedrich zurück nach Potsdam.
Blumen schmücken das ganze Jahr über sein schlichtes Grab, und immer liegen auch Kartoffeln auf der steinernen Tafel. Friedrich II. – nicht nur genialer Feldherr, machtbesessener Politiker und begabter Schöngeist, sondern auch ein volkstümlicher „Kartoffel-König“.
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toranes (Montag, 04 Mai 2020 07:27)
war sehr interessant und viele neue sachen erfahrne danke lg jensi