Der Altweibersommer tritt in Amerika fast zur gleichen Zeit wie bei uns auf. Er nennt sich dort "Indian Summer" und ist berühmt für die prächtige Herbstfärbung der Laubbäume (die ja auch bei uns zu dieser Zeit beginnt). Der Name "Indian Summer" begründet sich auf einer alten indianischen Legende, nach der das Rot der Bäume das Blut eines erlegten Bären symbolisieren soll. In Schweden spricht man vom "Birgitta-Sommer", in Finnland von "ruska-aika" (Zeit der Braunfärbung); in diesen Ländern liegt der Altweibersommer meist Anfang bis Mitte Oktober. Und in all diesen Ländern strömen die Wölfe vielleicht ans Wasser, um ein letztes Mal zu schwimmen, bevor das Wasser zu kalt wird. So auch ich, und da alle Freibäder rund um den WOLFSFELSEN schon geschlossen haben, kämpfte ich mich mit dem Fahrrad auf fast zugewachsenen Wegen um den LÖDERBURGER SEE, um eine „wilde“ Badestelle zu finden, die nicht von Anglern oder Jugendlichen okkupiert oder mit Schilf zugewachsen war, hob das Rad über umgestürzte Bäume und trug es über Gräben, doch die Mühe wurde an der Nordspitze belohnt:

Hier "lagerte" der Wolf nun, ausgerüstet mit CARO-Landkaffee in der Thermoskanne, Rauchwaren, Lesestoff usw. Die Lufttemperatur betrug 24, die Wassertemperatur schätzte ich auf 20 Grad. Einen ganz gewaltigen Vorteil -von der kostenlosen Nutzung ganz abgesehen- hatte diese Badestelle trotz oder gerade aufgrund ihrer schweren Zugänglichkeit: In den Stunden, die ich dort verbrachte, wurde ich von keinem anderem Menschen gestört, obwohl eine Feuerstelle, höchstens drei Tage alt, mir verriet, das es noch andere Nutzer gab.

Es lag absoluter Frieden in der Luft. Von einem Motorradgeräusch ab und zu abgesehen drang kein Laut von der Zivilisation hierher, kein Lüftchen wehte, selbst die Vögel ließen sich nur ab und als Auflockerung zum gleichmäßigem Summen der Insekten hören. Leider gibt mein schon älteres "Smartie" bei Videos kein gutes Audio, doch hoffe ich, das trotzdem das folgende kurze Video auch ohne Ton einen Eindruck vermittelt davon wie ruhig und harmonisch es dort war:
Die ganze Zeit schien die Sonne, so das ich mehrer Male ins Wasser stieg und hinaus in den See schwamm. Dabei dachte ich zurück, und mir fiel ein, das ich schon als Kind bzw. Teenager, allerdings ohne Rad, lange Wanderungen uaf Feldwegen oder verschlungenen Pfaden gemacht hatte, zumeist rund um den WOLMIRSLEBENER SCHACHTSEE, wohin unsere Familie jahrelang zum Dauercamping fuhr, nur um zu sehen, wo sie hinführten - und wie oft führten sie ins Nichts oder nur zu einem anderem staubigem Feldweg...

Und als ich das festgestellt hatte und aus dem Wasser stieg und zurückblickte, sah ich ganz kurz ein verändertes Spiegelbild - das Haar wieder pechschwarz, das jugendliche Gesicht noch bartlos. Ein Glücksgefühl durchströmte mich, und wieder einmal wurde mir klar, das mein Kind in mir immer noch lebt, fühlt, denkt. Noch immer kann ich staunen wie ein Kind, mich freuen wie ein Kind, bin neugierig wie ein Kind. Unbeschadet hat es all die langen jahre der Depression, versteckt wer weiß in welchem Winkel, überlebt.
Und wie das mit Visionen so ist - zu fotografieren sind sie nicht, doch zumindest erkennt man, wie klar und sauber das Wasser ist:

Und selbst wenn es mit dem Schwimmen für dieses Jahr (zumindest Outdoor) zu Ende sein sollte, diese Stelle werde ich wohl noch des Öfteren aufsuchen, nicht nur im Altweibersommer:

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