Das Handwerk – ein mit den Händen geschaffenes Werk – geht eng mit der Entwicklung des Menschen einher: Schon in der Steinzeit fertigte der Mensch aus Steinen Äxte, Messer und Pfeilspitzen.
Wahrscheinlich genauso früh entdeckte er den Nutzen gebrannter Tonerde – das Töpferhandwerk war geboren. Kupfer, Gold, Zinn waren schließlich die 1. Werkstoffe, die er zu Schmuck, Waffen und
Werkzeugen verarbeitete.
Als die Völker in Europa vor einigen Tausend Jahren Bronze herzustellen begannen, war die Schmiedekunst geboren. Später entdeckten sie das Eisen. Gleichzeitig waren die Holzbearbeitung für den
Hausbau und die Möbelherstellung in den waldreichen Gebieten Mitteleuropas ausgeprägt. Germanische Stämme konnten Tierhäute gerben und damit haltbar machen. Wie der Schmied, war der Gerber ein
spezialisierter Handwerker – er machte Schuhe, Schilde, Helme und Handschuhe nicht nur für sich selbst.
Mit dem 11. und 12. Jh., als Dörfer zu Städten wuchsen, stieg auch die Nachfrage nach den handwerklichen Fertigkeiten unserer Vorfahren an: Schmiede, Gerber, Töpfer, Weber und Zimmerleute waren
die ersten Handwerker mit eigenen Betrieben.
Der Goldschläger quetscht Blattgold
Der Goldschläger heißt heute Metallbildner. Dieses 5.000 Jahre alte Handwerk ist allgegenwärtig – in vergoldeten Figuren, Mustern, Rahmen, in der Malerei und Bildhauerei. Der Metallbildner stellt
Blattgold her – eine ganz dünne Goldfolie. Früher gossen Goldschläger das flüssige Rohmetall in Formen, walzten es aus und schnitten es. Danach schlugen sie die Goldblätter in Quetschen und
Dünnschlagformen mit dem Hammer immer dünner. Heute übernehmen mechanische Walzwerke einen Teil der handwerklichen Arbeit. Und nur noch wenige Spezialisten beherrschen die entscheidenden
Handgriffe.
Augsburg, Berlin, Dresden, Nürnberg, Prag und Wien waren früher die Zentren der Gold- und Silberschlägerei. Heute sieht sich die mittelfränkische Stadt Schwabach als Welthauptstadt des
Blattgoldes. Im Jahr 2004 feierte sie ihr 500-jähriges Goldschläger-Jubiläum. An den vergoldeten Dachziegeln der Schwabacher Rathaustürme können Sie die Kunstfertigkeit direkt bewundern. Auch der
goldene Reiter Dresdens und die Viktoria auf der Berliner Siegessäule glänzen in mittelfränkischem Gold. Das wertvolle Material exportieren die Schwabacher sogar weltweit: Im Pariser Invalidendom
und an der New Yorker Freiheitsstatue ist Schwabacher Blattgold eingearbeitet.
Der Modist putzt auf
Auf der Pferderennbahn können Sie sie noch bewundern: große elegante Hüte, mit Stolz getragen. Oder hinten auf der Hutablage im Auto: die Filzhüte älterer Herren, für die ihre Kopfbedeckung nicht
nur Schutz, sondern Statussymbol ist. Ansonsten sind Hüte fast aus der Mode. Es gibt nur noch wenige Hutmacher oder so genannte Modisten. Sie waren früher für die modische Ausstattung von
Kleidungsstücken verantwortlich, heute ist Modist offiziell ein Hersteller von Hüten und Kopfbedeckungen aller Art. Wer eine Ausbildung zum Modisten macht, wagt sich danach entweder in die
Selbstständigkeit, arbeitet in der industriellen Serienfertigung oder für Theater und Filmstudios.
Modisten hießen Putzmacher – als Kleider und Hüte noch gewissen Kleiderordnungen unterlagen, den Status des Trägers zeigten und nicht von der Stange kamen. Der Putzmacher verlieh abgetragener
Kleidung einen neuen Schliff und modische Details – er „putzte sie auf“. Alte Hüte erhielten eine modische Form. Sprichwörtlich „putzen“ sich manche Leute auch heute noch für spezielle Ereignisse
„heraus“ – meist jedoch ohne Hut.
Vom Seiler hängt viel ab
An seinen Seilen und Tauen hängen oft Menschenleben: bei Klettertouren, in Drahtseilbahnen, Gondeln oder im Fahrstuhl. Genauso die Taue eines Schiffes, das Seil eines Krans, das Abschleppseil –
wir verlassen uns in vielen Situationen auf die Haltbarkeit der aus Natur-, Chemiefaser oder Stahldraht gefertigten Seile.
Früher schlugen Seiler das Rohmaterial aus Flachs und Hanf und versponnen es mit der Hand zu einem Strang. Schwere Taue für die Schifffahrt stellte der so genannte Reepschläger oder Reeper her.
Daher kommt auch der Ausdruck „Reeperbahn“: Der Reeper musste für die langen Seile die Fasern verdrehen, indem er rückwärts aus seiner Werkstätte herausging. So entstanden in Küstennähe
Reeperbahnen, die mehrere hundert Meter lang waren. Auf der Reeperbahn in Hamburg dreht sich heute alles um Erotik und Unterhaltung – die zahlreichen Kneipen, Restaurants und Theater haben mit
der damaligen Funktion der Bahn nichts mehr zu tun.
Der Schriftsetzer bringt alles zu Papier
Sehr mühsam war die Arbeit des Schriftsetzers früher: Mit der Hand setzte er Buchstabe um Buchstabe aus Blei oder Holz in Millimeterarbeit in einen Setzrahmen, um einen Text dann mit einer
Druckpresse auf Papier zu bringen.
Heute entstehen Plakate, Anzeigen, Briefbögen oder Visitenkarten am Computer. Mit speziellen Desktop-Publishing-Programmen (Desktop-Publishing = die Bezeichnung für die komplette Bild- und
Satzerstellung am Computer) können Setzer ganze Bücher und Zeitungen übersichtlich anlegen und bearbeiten.
Der Schriftsetzer ist ein Beispiel für die extreme Veränderung eines Berufes durch Computer und Internet. Viele ursprüngliche Techniken, Abläufe und Handgriffe alter Handwerksberufe geraten
dadurch in Vergessenheit.
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