Mittwoch, 25. Februar 2009: Karneval in Venedig

Venedig – gegründet im 5. Jh. in Norditalien, verteilt auf 118 Inseln mit über 160 Kanälen und mehr als 400 Brücken. Die Bewohner dieser so genannten Lagunenstadt feiern Karneval auf Kanälen, Straßen, Plätzen und in den Palästen der Stadt. Niemand kann sich dem Rausch, dem Spiel und dem Reiz entziehen.

Was die Venezianer unter ihrer Maske so alles vertuschten ...
Der Karneval in Venedig ist quasi so alt wie die Stadt und erstmals urkundlich erwähnt zu Beginn des 12. Jh. Während der Karnevalszeit gibt es keine Klassenunterschiede. Egal ob arm oder reich, Nobelmann oder Fischer, jeder kann sein, was oder wer er will. Soziale Unterschiede bleiben hinter den Masken verborgen. Auch der berühmt-berüchtigte Abenteurer und Frauenheld Giacomo Casanova (1725–1798) liebte das bunte Treiben – seine Identität hinter einer farbenprächtigen Maske versteckt.

Nicht kleinzukriegen
Ab dem 14. Jahrhundert war der Karneval in Venedig zum Teil stark eingeschränkt durch Verbote, die die adlige Überwachungsbehörde erließ. Der Grund: Hinter den Masken ging es im Karneval oft sehr unzivilisiert zu, gerade in Bezug auf Sex und aggresives Verhalten. Immer wieder verboten die Ordnungshüter den Leuten, sich zu vermummen: keine Masken, keine falschen Bärte und Haare, keine Waffen lauteten z. B. die Anordnungen. Doch das kam nie gut an, denn der Karneval bot den Menschen Freiheiten, die sie sich nicht nehmen lassen wollten.
Im 17. Jh. dehnten die Venezianer ihr Treiben sogar aus: Die Maskenzeit begann schon im Oktober, setzte über Weihnachten kurz aus und ging dann am 26. Dezember in den offiziellen Karneval über, der faktisch auch am Aschermittwoch kein Ende hatte: Selbst zu politischen und öffentlichen Anlässen im Jahr traten die Menschen in Verkleidung auf.

Immer ausschweifender
Diese ungebrochene Maskierungswelle deutete jedoch auf ein Dilemma, in dem Venedig schon seit dem 16. Jh. war: Der Vorsprung, den Venedig in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht als eigener kleiner Staat seit dem 9. Jh. errungen hatte, schmolz dahin. Überall kriselte es, der Handel stagnierte, Venedig litt an militärischen Niederlagen und Gebietsverlusten.
Hinter den Masken, beim Feiern, ließ sich das besser ertragen und verdrängen. So schweiften die Festlichkeiten mehr und mehr aus: Zum Jahrmarktstrubel und vielen Theatern des Adels kamen üppige Dekorationen, Luxuskulissen, Feuerwerke, Spiele, Maskenbälle und Bootswettkämpfe hinzu. Alleine ein Eröffnungsball dauerte schon 3 Tage. Ein positiver Nebeneffekt für die Venezianer: (Luxus-)Touristen strömten in die Stadt.

Ein jähes Ende
Als die Franzosen 1796/97 bei ihrem Italienfeldzug auch Venedig unterwarfen, verlor der unabhängige Staat nicht nur seine Eigenständigkeit: Napoleon Bonaparte (1769–1821) beendete auch den Karneval.

Ein neuer Anfang
1979 belebte das venezianische Fremdenverkehrsamt den Karneval aufs Neue. Nun sind für ihn nur noch die 12 Tage vor Aschermittwoch reserviert, und er steht jedes Jahr unter einem anderen Motto. Offiziell organisierte Bälle und Theater ergänzen spontane Vorstellungen von Straßenkünstlern. Kunstvolle, äußerst teure Masken und Kostüme werben um Aufmerksamkeit und Anerkennung von Touristen. Aus aller Welt kommen sie, um dieses Spektakel zu erleben.
Die traditionelle Verkleidung ist die Maschera nobile (als Nobelmann). Sie besteht aus einer dunklen Kappe, die den Kopf bis ans Kinn verhüllt und über die Schultern reicht. Das Gesicht verdeckt eine weiße Wachsmaske, die Bauta. Als Hut trägt Mann oder Frau einen Dreispitz mit weißen Federn. Darunter passt ein schwarzer Seidenmantel. Einfache Bürger trugen auch rote oder graue Tuchmäntel, weil diese länger hielten.
Daneben gibt es unzählige andere Kostümierungen, die auf festgelegte Charaktere der Commedia dell'Arte (italienisches Wander-/Stegreiftheater) zurückgehen, wie z. B. den Pulcinella, einen listigen Diener mit Buckel und Vogelnase.

 

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