"Christkind" ist heute eine vor allem in katholischen Regionen verbreitete Bezeichnung für die Person des weihnachtlichen Gabenbringers. Über diesen Aspekt hinaus herrscht allerdings leichte
Ratlosigkeit: Bildliche Darstellungen des Christkinds sind uneinheitlich, lassen zumindest keine gesicherten Aussagen über dieses mysteriöse Wesen zu.
Das Christkind wird als inszenierte Kunstfigur im Rahmen der Reformation bekannt und soll angeblich von Martin Luther selbst - in Ablehnung katholischer Heiligenvorstellungen - als
Gegendarstellung zum Nikolaus erfunden worden sein. In seiner ursprünglichen Funktion ist es damit parallel zur reformatorischen Kunstfigur des Weihnachtsmannes zu betrachten, der ebenfalls den
Schenkbrauch auf das Weihnachtsfest übertragen und damit die Verehrung des Heiligen Nikolaus eindämmen sollte.
Im Gegensatz zum Weihnachtsmann ist die Gestalt und Symbolik des Christkinds jedoch verschwommen: Es handelt sich hierbei um eine Person zwischen Kindheit und Pubertät, dessen Genese zwar auf
beginnende Weiblichkeit hinweist, diese aber noch nicht eindeutig belegt. Die verbreitete Darstellung als 10-15jähriges Mädchen mit goldenen Locken und in weißem Gewand symbolisiert einerseits
Unschuld und Reinheit, dient aber andererseits als pädagogisches Instrument der Kindererziehung. So prüfte das Christkind z. B. in spielerischem Umgang die Religionskenntnisse der Kinder ab.
Inszenierte Auftritte dieser Art sind aber heute ausgesprochen selten. Die symbolische Widersprüchlichkeit macht das Christkind zu einer schwer darstellbaren Figur, die sich im 20. Jahrhundert
immer weniger gegen den medienwirksamen Weihnachtsmann durchzusetzen vermag. Gelegentliche Vermischungen von Christkind und Jesuskind als Krippenfigur verkomplizieren das Motiv zusätzlich. Wie
sich das Christkind im Einzelnen aus seinen ursprünglich evangelischen Verbreitungsgebieten in den katholischen Raum übertragen hat, bleibt spekulativ. Sicher ist, dass es in evangelischen
Regionen inzwischen fast ausnahmslos durch den Weihnachtsmann abgelöst wurde.
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