Montag, 8. Dezember 2008: Der Nürnberger Weihnachtsmarkt

Jedes Jahr schlendern rund 2 Millionen Besucher über das Kopfsteinpflaster der Innenstadt. Dieses Jahr lädt das Nürnberger Christkind vom 28. November bis zum 24. Dezember wieder zu seinem weltberühmten Markt ein.

Wissenswertes zur Geschichte des berühmtesten Weihnachtsmarktes

Ob in Nürnberg tatsächlich der älteste Weihnachtsmarkt der Welt stattfindet, darüber streiten die Experten. Jedenfalls reichen seine Wurzeln bis in das 16. Jahrhundert zurück. In jener Zeit wurde die Bescherung an Weihnachten üblich – und der Christkindlesmarkt entstand. Der 1. offizielle Nachweis stammt aus dem Jahr 1628: eine kleine bemalte Holzschachtel. An deren Unterseite steht mit schwarzer Tinte geschrieben: „Regina Susanna Harßdörfferin von der Jungfrau Susanna Eleonora Erbsin (oder Elbsin) zum Kindles-Marck überschickt 1628.“ Die Schachtel ist heute im Besitz des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg.

Wer erfand den Markt in seiner heutigen Form?

Das waren die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler. Der verehrte Nürnberg als „deutscheste aller deutschen Städte“. Deshalb wählte er die Stadt oft als Veranstaltungsort aus, zum Beispiel für die alljährlichen NS-Parteitage oder für Paraden und Massenaufmärsche. Auch den Weihnachtsmarkt nutzte er für seine Zwecke: Als das Christkind 1933 die Empore bestieg, flammten erstmals Riesenscheinwerfer auf. Auch die Eröffnungsrede (offizielle Bezeichnung: Prolog) – damals ganz im Geiste der NS-Ideologie gehalten – hielt das Christkind in jenem Jahr zum 1. Mal. Nach dem 2. Weltkrieg hielten die Nürnberger stillschweigend an der Nazi-Inszenierung fest, als sei es ein uralter Brauch. Sie änderten nur den Prolog. Seitdem ist die Eröffnungszeremonie nahezu unverändert.

Was zeichnet den Christkindlesmarkt aus?

Das besondere Flair lag den Nürnbergern schon immer am Herzen. So beschlagnahmten sie 1710 per Ratserlass „unzüchtige Scherzartikel“, die ein Drechsler zum „Kindleinsbescheren“ anbot. Heute haben Mitarbeiter des Marktamtes ein waches Auge auf die Buden und Stände. Verboten sind etwa Tannengirlanden aus Plastik oder Dauerberieselung mit Weihnachtsmusik vom Band. Das Warenangebot ist auch heute noch traditionell. Ein typisches Produkt des Weihnachtsmarktes ist der Rauschgoldengel. Warum? Zum einen haben sich in Nürnberg im Spätmittelalter zahlreiche Puppenmacher angesiedelt. Zum anderen ist die Stadt Zentrum der leonischen Industrie. Leonische Waren sind feine Metallfäden und -folien, zum Beispiel aus Messing. Daraus werden Pailetten für die Modebranche, folierte Papiersorten usw. gemacht – und auch die schimmernden Haare, Flügel und Gewänder der traditionellen Engel.

Die Nürnberger Symbolfigur, das Christkind

Jedes Jahr eröffnet das Christkind den Weihnachtsmarkt hoch oben auf dem Balkon der Frauenkirche. Am Freitag vor dem 1. Advent gehen um Punkt 17:30 Uhr die Lampen auf dem Nürnberger Hauptmarkt aus. Alle Augen blicken zum Kirchturm hinauf. Dort steht, in gleißendem Scheinwerferlicht und von Posaunenklängen angekündigt, das Christkind und spricht seine Eröffnungsworte:

„Ihr Herrn und Frau'n, die Ihr einst Kinder wart,
Ihr Kleinen, am Beginn der Lebensfahrt,
Ein jeder, der sich heute freut und morgen wieder plagt:
Hört alle zu, was Euch das Christkind sagt!

In jedem Jahr, vier Wochen vor der Zeit,
Da man den Christbaum schmückt und sich aufs Feiern freut,
Ersteht auf diesem Platz, der Ahn hat's schon gekannt,
Was Ihr hier seht, Christkindlesmarkt genannt.

Dies Städtlein in der Stadt, aus Holz und Tuch gemacht,
So flüchtig, wie es scheint, in seiner kurzen Pracht,
Ist doch von Ewigkeit. Mein Markt bleibt immer jung,
Solang es Nürnberg gibt und die Erinnerung.

Denn alt und jung zugleich ist Nürnbergs Angesicht,
Das viele Züge trägt. Ihr zählt sie alle nicht!
Da ist der edle Platz. Doch ihm sind zugesellt
Hochhäuser dieses Tags, Fabriken dieser Welt.

Die neue Stadt im Grün. Und doch bleibt's alle Zeit,
Ihr Herrn und Frau'n: das Nürnberg, das Ihr seid.
Am Saum des Jahres steht nun bald der Tag,
An dem man selbst sich wünschen und andern schenken mag.

Doch leuchtet der Markt im Licht weit und breit,
Schmuck, Kugeln und selige Weihnachtszeit,
Dann vergesst nicht, Ihr Herrn und Frau'n und bedenkt,
Wer alles schon hat, der braucht nichts geschenkt.

Die Kinder der Welt und die armen Leut,
Die wissen am besten, was Schenken bedeut't.
Ihr Herrn und Frau'n, die Ihr einst Kinder wart,
Seid es heut' wieder, freut Euch in ihrer Art.

Das Christkind lädt zu seinem Markte ein,
Und wer da kommt, der soll willkommen sein.“


Übrigens: Das Christkind wählen die Nürnberger in jedem ungeraden Jahr neu. Bewerben dürfen sich alle Nürnbergerinnen zwischen 16 und 19 Jahren, die mindestens 1,60 m groß und schwindelfrei sind.

Wem verdanken wir das Christkind?

Das Christkind geht auf Martin Luther (1483-1546) zurück. Er wendete sich von der katholischen Verehrung des heiligen Nikolaus ab – und ab diesem Zeitpunkt bescherte im Hause Luther der „Heilige Christ“ die Kinder. In der Folgezeit rückte die Kinderbescherung immer stärker in den Mittelpunkt des Weihnachtsfestes. So entwickelte sich, vor allem in protestantischen Regionen, das „Christkind“. Übrigens verkörpert es weniger das Jesuskind in der Krippe, sondern ist eine erwachsene Figur: eine Mischung aus Verkündigungsengel und Maria, der Mutter Jesu.

 

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