Montag, 17. November 2008: Der Tag des Baumes

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Hier schreibt Wolzow für den Wolfsfelsen, aber auch für sich selbst. Am Tag des Baumes melde ich mich direkt aus einem Unterholz, denn mein Laptop hat nen Akku. Über mir Wald, Wald, Wald, soweit die Augen tragen. Hier herrscht noch verhaltene Ruhe, aber auch gespannte Erwartung. Oder gespannte Ruhe und verhaltene Erwartung. Vielleicht aber auch einfach ruhige Verhaltung und erwartete Spannung. Wer will das beurteilen, noch kann ja keiner sehen, was in einem Baum vorgeht, ohne ihn zu fällen. Gezweige denn in einer Esche. Heute ist der Tag des Baumes. Wie aber sieht nun so ein Tag des Baumes eigentlich aus? Für den Baum? Gängige Nadelgehölze erwachen bereits in den frühen Morgenstunden, exotische dagegen eher selten. Alle nehmen dann aber ein eher frugales Frühstück aus Mineralien, Wasser und Mineralien ein und spülen mit einem Schluck Wasser nach. Nach einem zweiminütigen Nadelputzen verabschieden sich die Berufstätigen von ihren Lieben und gehen vorwiegend Beschäftigungen im Dienstleistungsbereich oder in der Möbelindustrie nach, während die Daheimgebliebenen den Wald fegen und die Kleinen geordnet in die Baumschule bringen. Die Halbwüchsigen stehen in der Schonung in kleinen Gruppen beieinander und rauchen. Einige sogar Zigaretten. Einer steht Föhre, um vor dem Förster zu warnen. Gegen 10 erwachen die Laubbäume und das Unterholz. Nach ausgiebiger Stamm- und Blattpflege steht man ruhig beieinander und bespricht die Ereignisse des Vortages. Das sanfte Gewisper wird nur ab und an durch die mahlenden Kaugeräusche der Eßkastanien unterbrochen. Die sind Vegetarier. Anders die Roßkastanien, die unter den gestiegenen Pferdepreisen leiden und deshalb oft hungrig bleiben oder die Äste essen müssen. Espen fröspeln in der Morgenkühle, eine Birke murmelt etwas von Luftveränderung und macht sich in der Dämm’rung auf den Weg. Alles in allem beeindruckt hier die Ruhe, da kann sich so manch ein hektisch getriebener Großstädter eine Eibe von abschneiden. Pappeln rappeln, Eichen weichen Buchen fluchen, und einer blinden Linde wird etwas ulmig. Zwei Mann gleich bei ihr. Vermutlich hat sie sich bei einem der Kleinen angesteckt, die Maserungen grassieren zur Zeit. Das aber ist natürlich kein Anlaß zur Sorglosigkeit. Eschen springen in die Breschen, ohne die Föhren zu stören, ältere Bäume werden in Stammheimen liebevoll gehegt, bis sie zu Brett gehen. Zur allgemeinen Zerstreuung werden bisweilen Furniere veranstaltet, dort können gerade die Jüngeren in sportlichem Spiel ihre Säfte messen. Bisweilen kippt man sich abends in trauter Runde auch mal einen hinter die Rinde, doch das ist die Ausnahme. Alles in allem also ein ganz normaler Tag, keine Spur von Aufregung, besonderer Freude, Stolz. So sind unsere Bäume, und das sollte uns zu Denken geben, bescheiden, zurückhaltend, fast heckig in ihrem Willen zum Nichtherausragen. Sie kümmert der Tag des Baumes herzlich wenig, in holziger Ruhe wachsen sie einfach nach oben. Astlosigkeit ist ihnen ein Fremdwort. Keine hektische Ortsveränderung transportiert hier gesellschaftliches Ansehen, nein, gerade das Beharrliche, Ortsfeste beeindruckt den müßigen Spaziergänger ebenso, wie ganze Schülergruppen. Hier läßt sich noch einiges Abschauen. Fest steht, daß der Tag des Baumes eher für uns ersonnen wurde, unseren Blick zu schärfen für die Schönheit von Stasis, die Ruhe von Ruhe. Bedenken wir also immer: der viel besungene deutsche Wald wäre, ohne die Anwesenheit von Bäumen, auch nur eine Wiese, wie jede andere. Ehren wir ihn also heute, den Baum, aber vergessen wir auch die Staude nicht, das Moos, die bunte Flechte. Dazu müssen wir noch nicht einmal die Lichtung wechseln. Bedenken Sie: Die Woche des Gestrüpps beginnt in wenigen Tagen. Und damit verabschiede ich mich für heute, zurück ins Sägewerk.

Eintrag von Black Dragon, 12:50h später

....Danke Wolzow. Ich melde mich heute für sie live aus dem Sägewerk. Sollten Sie heute vor Ihrem Haus über einen Baum stolpern, der da gestern noch nicht stand, wundern Sie sich nicht: Heute ist für Wolzow der Tag des Baumes. Und ein Staßfurter Junge hat heute Großes vor.
Heute ist er - der "Tag des Baumes". Vielleicht geht es Ihnen wie mir und Sie denken: "Aha." Was macht man mit so einem Tag? Wer sich an der Natur berauscht, freut sich ja gerade jeden Tag über die Bäume. Wer mit seinen Pflanzen spricht, geht vielleicht vor der Arbeit noch mal kurz in den Garten und gratuliert seinem Apfelbäumchen zum Ehrentage. Ich hab' zumindest meinen Wohnungs-Ficus abgestaubt.Doch eigentlich ist der Tag des Baumes nicht einfach ein Gedenktag wie der Welttoilettentag oder der Tag der Bockwurst. In diesem Sinne Wolzow....mal ordentlich die Ärmel hochgekrempelt, in die Hände gespuckt und mal eben über eine Million Bäume gepflanzt. So begeht man diesen Tag des Baumes. Und mit diesen Worten gebe ich zurück ins Studio.

 

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