Freitag, 19. Dezember 2008: Wer ist Frau Holle?

In skandinavischen Sagen wird sie auch Huldra (etwa: die Huldvolle) genannt, jene uralte Muttergöttin, die, so manche Stimmen, zurückgeht auf jungsteinzeitliche Erdgöttinen. Der Historiker Karl Kollmann sagt: "Die Indizien sprechen jedenfalls stark für die Annahme, dass Frau Holle keine Spukgestalt und kein Vegetationsdämon ist, sondern die regionale Verkörperung einer uralten weiblichen Erdgottheit, wie man sie fast überall auf der Welt unter den verschiedensten Namen verehrt hat". Im Alpenraum kennen wir sie auch als Perchta (die Glänzende).

Manche Wissenschaftler führen Frau Holle auch auf die germanische Totengöttin "Hel" zurück, die "im Verborgenen" wirkt und den Toten Schutz gibt (->Helm). Auf alle Fälle sorgt diese Gestalt wo immer sie auftaucht, ob in Sagen, Märchen oder Rauhnachtsfratzen für Ordnung. Und wer sich dieser Ordnung nicht unterwirft muss schwer büßen.

Die Goldmarie kennen wir als mythologisches Sonnenmädchen, die Pechmarie als Mondgestalt. Frau Holle (Hulda, Berchta) als die große Göttin, die Mutter Erde, zu der man gelangt, wenn man den Weltenbrunnen in die Unterwelt hinabsteigt. Und die Stiefmutter als die Frau Welt (mittelalterliche Interpretation), die Schlechtigkeit der äußeren, materiellen Welt, die Gegenspielerin von Frau Holle.

Der Holunder gilt als Pflanze, die besonders der Frau Holle geweiht ist. Nach einer Theorie stammt sogar sein Name von ihr.

Einige Sagen berichten davon, wie Frau Holle in der Gestalt der Muhme Mählen die Seelen der Menschen prüft: Als alte und hilflose Frau bittet sie um Nahrung und Obdach. Diejenigen, die ihr helfen, werden reich belohnt. Wenn Menschen aber aus Geiz diese Hilfe ablehnen, werden sie bestraft. So schlug z.B. der reiche und hartherzige Bauer des Honighofes bei Wickenrode (Hessen) seine Tochter, weil sie einer alten Frau (Frau Holle) zu essen und trinken gegeben hatte und hetzte seine Hunde auf diese. Als Strafe verbrannte Frau Holle den Hof. Der Bauer und sein Sohn kamen im Feuer um, während seine Tocher vor den Flammen beschützt wurde.

Zur Zeit der Raunächte, zwischen 23. Dezember und 6. Januar (in dieser Zeit musste die Hausarbeit ruhen), soll sie zur Erdoberfläche aufgestiegen sein, um nachzusehen, wer das Jahr über fleißig oder wer faul war. Daher wird sie heute auch mit der von Tacitus erwähnten Mythengestalt Nerthus in Verbindung gebracht.

Im hessischen Volksmund ist Frau Holle für die Schneemenge im Winter verantwortlich, denn je gründlicher sie ihre Betten ausschüttelt, desto mehr schneit es auf der Erde.

 

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