Montag, 20. Oktober 2008: Das Lexikon der bedrohten Wörter

Knorke war die Zeit, als die Fräuleins noch ihre Atombusen zeigten
Wer in wilder Ehe lebt, der hat oft auch ein Bratkartoffelverhältnisse. Das trifft nicht nur auf Blaustrümpfe oder Backfische zu, sondern auch auf Ladenschwengel, Quacksalber und Hagestolze. Wer heute dagegen als Mann in einem Café eine Latte bestellt, ist kein Flegel oder Possenreißer, sondern ein moderner Zeitgenosse, der nie auf die Idee käme, Blümchenkaffe zu trinken. Und ob er daheim gern Blümchensex betreibt, ist wohl mehr als fraglich.

Doch nun genug des Larifaris, schließlich geht es heute um ein sehr trauriges Thema, um Wörter, die vom Aussterben bedroht sind.

Ja, nicht nur in der Tierwelt gibt es bedrohte Arten wie den gemeinen Sperling oder den stolzen Ochsenfrosch, sondern auch aus unserer Sprache und vor allem aus unserem täglich Sprachgebrauch verschwinden plötzlich Ausdrücke, die früher einmal jeder kannte und benutzte. Das waren also Wörter, die waren echt knorke und auf keinen Fall geil.

Um diese Wörter zu schützen und vor dem schlimmen Schicksal des Vergessens zu bewahren, hat der Publizist Bodo Mrozek ein "Lexikon der bedrohten Wörter" (Rowohlt Verlag, 8,90 Euro) herausgebracht. Und im Internet eine Rote Liste veröffentlicht, auf der man eine Auswahl der bedrohten Ausdrücke nachlesen kann. Übrigens kann man Mrozek auch selbst vergilbte Wörter zuschicken.

Die Liste reicht von Abgunst über Halbstark bis zur schönen alten Zwille. Und bei einigen der Wörter werden auch heute schon nur noch wenige wissen, was sie eigentlich bedeuten. Schienenrudi beispielsweise kennt noch nicht einmal mehr der Duden und auch Google gibt sich wortkarg. Dagegen ist eine Schindmähre ein altes verbrauchtes Pferd, ein Nabob ein reicher Mann und eine Latüchte natürlich eine Laterne. Auch die Politik frisst ganze Wörter. Vom Schweinesystem redet heute kaum noch einer, Bürgerinitiativen sind genauso von gestern wie die einst so blühende Betroffenheitskultur. Nach Meinung Mrozeks ist sogar die Zeit der Spaßgesellschaft vorbei. Auch der Begriff Vollbeschäftigung ist aus seiner Sicht vom Aussterben bedroht. Und das ist nun wirklich alles andere als Kokolores, sondern wohl leider wahr...

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0