Jesus Christus ist aber nur in dem Gegensatz der „Gesinnungsethik“, nämlich der „Verantwortungsethik“ nach Max Weber anzusiedeln. Diese Ethik fragt nach dem, was man durch sein Tun oder
Unterlassen anrichtet. Jesus sagte: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ (Matthäus 7, 16). In der Bergpredigt, seiner großen Programmrede, preist er die Menschen, die Frieden schaffen. Er
bezeichnet sie als Kinder Gottes, die also tun, was Gott von ihnen verlangt (Matthäus 5, 9). Bezogen auf die Forderung nach Frieden im Irak müsste gefragt werden, was durch einen Nicht-Krieg
angerichtet wird.
Die entscheidende Frage in der weltpolitischen Gegenwart ist – auch für die Kirchen! – wie man in der Staatengemeinschaft mit Diktatoren umgeht. Als der streitbare Friedrich Schorlemmer, Theologe
aus Wittenberg und führend in der damaligen DDR-Friedensbewegung, in einer öffentlichen Veranstaltung in Kaiserswerth danach gefragt wurde, gab er zur Antwort: durch die Durchsetzung des
Völkerrechts. Da war alles – und auch etwas dürftig. Dann müsste weiter gefragt werden: Wodurch denn? Nur durch die Forderungen der Vereinten Nationen – oder auch durch militärische Gewalt? Das
ist genau die Frage, auf die die westlichen Kirchen keine Antwort haben, die wirklich überzeugt. Von ihrer Geschichte her, von ihrer biblischen Grundlage her sind sie in einem ethischen
Dilemma.
Zwei Stellen aus der Bibel zeigen, dass die Entwicklung und das Durchhalten von Ethik auf dem Hintergrund dieser göttlichen Offenbarung ohne in ein Dilemma zu geraten, kaum möglich ist. Beim
Propheten Micha ist zu lesen: „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben und sie werden hinfort nicht
mehr lernen Krieg zu führen“ (4,3). Durch den russischen Bildhauer Jewgenij Wutschetisch kam die nach diesem Bibelwort 1957 geschaffene Plastik „Schwerter zu Pflugscharen“ als Geschenk der
damalige UdSSR an die Uno und hat ihren Platz vor dem UN-Sitz in New York. Beim Propheten Joel kann man aber lesen: „Bereitet euch zum heiligen Krieg! Bietet die Starken auf! Lasst herzukommen
und hinaufziehen alle Kriegsleute! Macht aus euren Pflugscharen Schwerter und aus euren Sicheln Spieße!“ (Joel 4,9f). Wenn in der hebräischen Bibel vom Frieden (Schalom) die Rede ist, dann
meistens als eine eschatologische Größe oder als Ergebnis der Vernichtung der Heiden durch Gott. Und die Verheißung des Friedens bei der Geburt Jesu durch die Engel sagt kaum, dass durch die
Geburt dieses Kindes der ganzen Welt der Frieden – übrigens damals als pax romana vorhanden! – geschenkt wird: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines
Wohlgefallens/seiner Gnade“ (Lukas 2,14).
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