Montag, 5. Mai 2008:Kirche & Krieg 2:Eine Frage der Ethik

Es kam noch eine ganz andere Entwicklung hinzu, die die Kirchen in ein ethisches Dilemma führten. Das aus dem Judentum als Schriftreligion entstandene Christentum hatte als ein Erbe, das sich nach Konstantin richtig entfalten konnte, dass Gott ein Kriegsgott ist und dass er Kriege in aller Grausamkeit will und selbst führt. Es gibt „heilige Kriege“: „Bereitet euch zum heiligen Krieg! Bietet die Starken auf!“ (Prophet Joel 4,9). „Der Krieg war von Gott!“ (1. Chronik 5, 22). Man scheute sich nicht, Gott sogar als den „Kriegsmann“ zu bezeichnen: „Damals sangen Mose und die Israeliten dies Lied dem HERRN und sprachen: Ich will dem HERRN singen, denn er hat eine herrliche Tat getan; Ross und Mann hat er ins Meer gestürzt ... Der HERR ist der rechte Kriegsmann, HERR ist sein Name. Des Pharaos Wagen und seine Macht warf er ins Meer, seine auserwählten Streiter versanken im Schilfmeer“ (2. Mose 15, 1ff). Gott Jahwe hat seinem „auserwählten Volk“ Israel das Land Palästina und die Gebiete bis zum Euphrat (!) als Eigentum übergeben. (Gott Jahwe sagte zu Josua, dem Nachfolger des Mose: „Zieh über den Jordan, du und dies ganze Volk, in das Land, das ich ihnen, den Israeliten, gegeben habe ... Von der Wüste bis zum Libanon und von dem großen Strom Euphrat bis an das große Meer gegen Sonnenuntergang, das ganze Land der Hetiter, soll euer Gebiet sein“ Josua 1, 2ff). Dort lebten Völker, die unterworfen, vertrieben oder vernichtet werden mussten – eine Verheißung, die heute noch die Siedlungspolitik Israels bestimmt. Die Geschichte des Mittelalters ist geprägt durch „heilige Kriege“, wie zum Beispiel die sieben Kreuzzüge im 11., 12. und 13.Jahrhundert. Auch der 30-jährige Krieg (beendet 1648) war ein Religionskrieg, im Namen Gottes für die eigene Konfession geführt. Es gab keine religionsfreie Politik. Immer waren politische Ziele und wirtschaftliche Interessen der Herrschenden mit der jeweiligen Religion verbunden. „Cuius regio, ejus religio.”
Das politische Interesse der Herrscher wurde als Gottes Wille angesehen und ausgegeben. Römerbrief Kapitel 13 tat ein Übriges. „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Anordnung Gottes; die ihr aber widerstreben, ziehen sich selbst das Urteil zu ... Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zugute. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst: Sie ist Gottes Dienerin und vollzieht das Strafgericht an dem, der Böses tut. Darum ist es notwendig, sich unterzuordnen, nicht allein um der Strafe, sondern auch um des Gewissens willen.“
Es zeigte sich am Bündnis zwischen Thron und Altar, biblisch legitimiert, was die Weltpolitik im christlichen Bereich bestimmt hat. Auf den Koppelschlössern der deutschen Soldaten stand „Gott mit uns“. Die Amtsbezeichnung der Monarchen war „von Gottes Gnaden“. Der letzte deutsche Kaiser war ein starker Repräsentant dieser Entwicklung. Am 6. August 1914 schloss er seinen Aufruf an das deutsche Volk mit den Worten: „Vorwärts mit Gott, der mit uns sein wird, wie er mit den Vätern war.“ Drei Wochen später hielt er nach den ersten Siegen im Hauptquartier eine Ansprache. Darin sagte er: „Diesen Sieg verdanken wir unserm alten Gott, er wird uns nicht verlassen, da wir für eine heilige und gerechte Sache einstehen.“ Nach dem Wegfall der Monarchie wurde nach 1933 aus dem „Kaiser“ der „Führer“ und im „Militärgebetbuch“ aus dem Jahre 1937 gab es ein Gebet für Führer, Volk und Wehrmacht: „Segne besonders unseren Führer und Reichskanzler in allen Aufgaben, die ihm gestellt sind. Lass uns alle unter seiner Führung in der Hingabe an Volk und Vaterland eine heilige Aufgabe sehen, damit wir durch Gehorsam und Treue die ewige Heimat verdienen im Reiches deines Lichtes und deines Friedens.“

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0