Es befaßte sich eine Doktorarbeit einmal mit der Frage, warum ein schriftstellerisches Werk keine Semikolons enthalte. Der Autor kam zu spitzfindigen Analysen über das Kunstverständnis des
Literaten, dann stellte sich heraus:Bei dessen Schreibmaschine war dieses Satzzeichen kaputt! Um diese (durch solche Geschichten entwertete) Disziplin aufzuwerten, erklärte die Bundesregierung
Deutschlands 2007 zum Jahr der Geisteswissenschaften: Sie seien das "ABC der Menschheit", Erklärer unserer Vergangenheit - Brückenbauer in die Zukunft, die Geschichte, Kultur und Sprache auf eine
höhere Ebene brächten. Das ist immer noch ziemlich nebulös, weshalb die Münchener Volkshochschule das Thema zuspitzte, in öffentlicher Debatte eine Pro- und Kontra-Fraktion gegeneinander antreten
ließ und fragte: Sollten die Geisteswissenschaften abgeschafft werden? Zunächst kamen die bekannten Argumente: natürlich, weg damit, zu weich und verspielt, etwas für "orientierungslose
Studiker", denen Mathe und Physik zu schwer seien und die glaubten, "mit ein paar schönen Worten glänzen zu können".
Mathe, Physik, Chemie - mir zu schwer. (Habe ich wirklich alles, was ich gestern las über "Dunkle Materie" und "Dunkle Energie" und was mich zum vorigen Artikel veranlaßte, wirklich verstanden?
Nein.) Ich sehe mich in der Tat als einen interdisziplinären Geisteswissenschaftler (auf jeden Fall wär ich gern einer).Bin ich also ein Dünnbrettbohrer?
Doch dann funkte es bei dieser Diskussion: Die Gegenseite wischte mit einem einzigen Satz das Gespinst der Vorurteile weg (zumindest im Rahmen dieser Diskussion): Die Naturwissenschaften
arbeiteten nach der Devise "was machbar ist, wird gemacht - ohne moralische Grenzen, die die Geisteswissenschaften liefern". Richtig, darum hießen sie ursprünglich "moral sciences". Also bin ich
(hoffentlich) ein "moral scienist".
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